Ausbildung zum Freiwilligen Müller
Die Zahl der restaurierten und wieder in Betrieb genommenen historischen Mühlen in Niedersachsen und Bremen hat in den vergangenen Jahren erfreulicherweise zugenommen.
Gleichzeitig ist der zunehmende Verlust fachkundiger Wind- und Wassermüller zu beklagen, die noch mit ihrer Mühle gearbeitet und so mittel- bis langfristig ihren Erhalt gesichert haben. Die Garde der „alten Müller“ stirbt weg. Hierdurch geht viel Wissen und Erfahrung um den sachgerechten und sicheren Umgang mit alten Mühlen verloren.
Die Mühlenvereinigung Niedersachsen-Bremen e.V. hat es sich zur Aufgabe gemacht, nicht nur das theoretische Wissen um alte Mühlen, Mühlenbau, -betrieb und -technik zu erforschen und zu erhalten. Vielmehr gilt es, dieses Wissen zu vermitteln und interessierte Laien für den Umgang mit historischen Mühlen zu qualifizieren. Erfreulich viele Menschen opfern heute ihre Zeit, um in örtlichen Vereinen oder als persönlicher Betreuer eine Mühle zu erhalten und sie der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Mühlenbetrieb ist keine Spielerei!
Gemeinsam mit verschiedenen Volkshochschulen, noch aktiven bzw. gelernten Wind- und Wassermüllern, Mühlenbauern und Mühlentechnikern bietet die Mühlenvereinigung seit einigen Jahren Kurse an, die der Ausbildung zum Freiwilligen Müller / zur Freiwilligen Müllerin dienen. Zu etwa zwei Dritteln bestehen diese Kurse aus der praktischen Tätigkeit an und in einer historischen funktionsfähigen Mühle. Gelehrt werden der sichere Umgang mit der Mühle zu allen Jahreszeiten und unterschiedlichen Witterungsbedingungen.
Zu den Inhalten der 160 Stunden umfassenden Ausbildung gehören:
- Physikalische und technische Grundlagen des Systems Mühle
- Behandlung und Verarbeitung der Rohstoffe (Getreidekunde)
- Mühlen und Müller in Gesellschaft und Geschichte
- Unfallverhütung und Arbeitsschutz in und an der Mühle
- Wetterkunde - Windrecht - Wasserrecht
- Pflege, Wartung und Reparaturen
- Geschichtliche Hintergründe
Die Kurse finden an Wochenenden (einmal im Monat) statt, die Kursdauer beträgt etwa ein Jahr.
Am Ende steht die Prüfung vor ausgewählten und fachkundigen Vertretern der Mühlenvereinigung Niedersachsen-Bremen e.V. (u. a. ausgebildete Müllermeister). Bei erfolgreicher Prüfung erhält der Kursteilnehmer ein Zertifikat, das ihm bescheinigt, Kenntnisse und Fähigkeiten zur sicheren Bedienung einer Wind- oder Wassermühle in einer theoretischen und praktischen Prüfung nachgewiesen zu haben.
Die Mühlenvereinigung bietet weiterhin Fortbildungskurse mit unterschiedlichen Schwerpunkten an, z. B. zum sicheren Umgang mit Sägegattern oder zum fachgerechten Schärfen der Mühlsteine.
Innerhalb der Mühlenvereinigung hat sich die Arbeitsgruppe der Freiwilligen Müller konstituiert, die durch regelmäßige Treffen und Exkursionen den Erfahrungs- und Informationsaustausch unter den Freiwilligen Müllern fördert sowie Möglichkeiten zur Weiterbildung anbietet.
Es sind schon über 400 Freiwillige Müller ausgebildet worden.
Grundsätze der Freiwilligen Müller:innen
Status und Name der Gruppe
Die Gruppe ist kein rechtsfähiger Verein, sondern eine Arbeitsgruppe innerhalb der Mühlenvereinigung Niedersachsen - Bremen, welche auch die Vertretung nach Außen, sowie eine finanzielle Unterstützung im abgesprochenen Rahmen wahrnimmt.
Die Arbeitsgruppe trägt den Namen „Freiwillige Müller-innen“. Bei der Namensgebung haben sich die ersten Mitglieder der Gruppe an Zusammenschlüssen mit ähnlicher Aufgabenstellung in den Niederlanden orientiert. Mit dieser Bezeichnung wird deutlich, dass die Hauptaufgabe der Erhalt und Betrieb historischer Mühlen ist. Durch regelmäßige Inbetriebnahme sollen vorgenommene Renovierungsarbeiten zu einem Erhalt der Mühlen führen. Die Freiwilligen Müller-innen können und wollen nicht mit Berufsmüllern gleichgesetzt werden.
Zweck der Arbeitsgruppe
Die Arbeitsgruppe fördert und unterstützt die Ausbildung freiwilliger Müller-innen und festigt durch regelmäßige Veranstaltungen sowohl die fachliche Qualifikation als auch den sozialen Zusammenhalt. Veranstaltungsorte sollen grundsätzlich bei oder in der Nähe einer Mühle stattfinden. Das Kennenlernen von anderen Mühlen und der daraus entstehende fachliche Meinungsaustausch mit den Müller-innen vor Ort soll das Wissen der Arbeitskreismitglieder vergrößern und vertiefen. Mühlenbesitzern, die Interesse an einer fachlichen Betreuung ihrer Mühle haben, hilft sie freiwillige Müller-innen zu finden, die eine Betreuung übernehmen können.
Finanzielle Mittel
Der Vorstand der Arbeitsgruppe ermittelt den jährlichen Finanzbedarf der Gruppe und legt dem Vorstand der Mühlenvereinigung Niedersachsen-Bremen die Berechnungen vor. Dem Vorstand der Vereinigung obliegt die Genehmigung des Finanzbedarfs. Abrechnungs- und Verwaltungsmodalitäten werden gemäß der Geschäftsordnung der Mühlenvereinigung abgewickelt.
Mitgliedschaft
Mitglied der Arbeitsgruppe kann im Regelfall jeder/jede „Freiwillige Müller-in“ werden, sofern er/sie eine Ausbildung nach den Lehrplänen der Mühlenvereinigung erfolgreich abgeschlossen hat. Mitglieder können auf Grundlage Ihrer Ausbildung alle Müllergesellen, Müllermeister und Mühlenbauer werden. Ausbilder, die im Rahmen der freiwilligen Müllerinnen tätig sind, aber keine der vorgenannten Qualifikationen besitzen, können auf Wunsch ebenfalls Mitglied werden. In Ausnahmefällen können Mitglieder örtlicher Mühlenvereine zugelassen werden, wenn von einem/einer „Freiwilligen Müller-in“ des jeweiligen Mühlenvereins die fachlichen Kenntnisse des Bewerbers bestätigt werden. Freiwillige Müllerinnen gelten während der Ausbildungzeit als Anwärter auf eine Mitgliedschaft.
Rechte und Pflichten der Mitglieder
Alle Mitglieder in der Gruppe haben Rede- und Stimmrecht. Sie können Anträge einbringen. Sie sind verpflichtet die Ziele der Arbeitsgruppe nach besten Kräften zu fördern Bei Arbeiten an Mühlen müssen sie mit den vorhandenen Kulturgütern schonend und sorgsam umgehen. Sie sind aufgefordert, ihre Fertigkeiten und Fähigkeiten als „Freiwillig Müller-innen“ zu erhalten, in dem sie Fort- und Weiterbildungsangebote der Arbeitsgruppe und der Mühlenvereinigung in angemessener Zahl wahrnehmen.
Beginn und Ende der Mitgliedschaft
Die Mitgliedschaft beginnt mit der Teilnahme an Gruppenveranstaltungen. Das neue Mitglied wird durch den Vorstand schriftlich über die Aufnahme in die Mitgliederliste informiert.
Die Mitgliedschaft endet, wenn das Mitglied dem Vorstand der Arbeitsgruppe schriftlich oder mündlich mitteilt, dass seine/ihreMitgliedschaft enden soll. Außerdem kann die Mitgliedschaft durch eine Erklärung des Vorstandes gegenüber einem Mitglied enden. Wenn die Teilnahme des Mitglieds an Arbeitsgruppenveranstaltungen ohne Begründung über einen längeren Zeitraum nicht erfüllt wurde. Die Mitgliedschaft erlischt mit dem Tod des Mitglieds.
Organisation der Arbeitsgruppe
Die Organisation derArbeitsgruppe erfolgt im Rahmen von Mitgliederversammlung und Vorstandssitzungen. Notwendige Infos erfolgen über Mail, Telefon oder persönliche Ansprache. Für Zwecke der Aus- und Fortbildung können regionale Schwerpunkte gebildet werden.
Mitgliederversammlung
Die Mitgliederversammlung soll dem Erfahrungsaustausch und dem Zusammenhalt der Gruppe dienen. Mindestens einmal im Jahr wird vom Vorstand eine Mitgliederversammlung einberufen. Zur Mitgliederversammlung wird schriftlich mit einer Frist von vier Wochen unter Bekanntgabe der der Tagesordnung eingeladen. Bei jeder Versammlung sollte ein Fachthema vorgestellt und abgehandelt werden.
Alle ordnungsgemäß einberufenen Mitgliederversammlungen sind beschlussfähig. Beschlüsse und Anträge werden mit einfacher Mehrheit der Anwesenden gefasst und behandelt. Die Mitgliederversammlung wählt alle zwei Jahre den Vorstand.
Vorstand
Der Vorstand besteht aus der/dem Vorsitzenden, der/dem Stellvertreter/in, einer/einem Beisitzer/in und einer/einem Schriftführer/in.
Der Vorstand wird für zwei Jahre gewählt. Er hält den Kontakt zum Vorstand der Mühlenvereinigung Niedersachsen-Bremen und ist für die Organisation der Arbeitsgruppe verantwortlich.
Niederschriften
Zu Beschlüssen von Mitgliederversammlungen und Vorstandssitzungen sind Niederschriften zu fertigen.
Aus und Fortbildung
Auf praktische Aus- und Fortbildung kann nicht verzichtet werden. Es ist anzustreben, dass in den einzelnen Regionen des Gebietes der Mühlenvereinigung Fortbildungen organisiert werden. Die Fortbildungen sollten in der Regel durch unsere ausbildenden Müllermeister abgehalten werden. Zu den Fortbildungen sollten sich alle „Freiwilligen Müller-innen“ melden. Die Fortbildungen sollten mehrfach angeboten werden, damit möglichst viele Interessenten die Möglichkeit haben, daran teilzunehmen.
Die Arbeitsgruppe ermöglicht den Freiwilligen Müller-innen Kontakte zu knüpfen und ihre Fertigkeiten auch auf andern Mühlen in der Nachbarschaft zu trainieren. Gegenseitige Besuche von Arbeitsgruppenmitgliedern, auch auf entfernteren Mühlen, können zu einer weiteren Festigung der Arbeitspraxis führen.
Ausbildungsnachweise
Die Arbeitsgruppe entwickelt eine gebundene Form (Buch) von Aus- und Fortbildungsnachweisen, die es ermöglicht den fachlichen Werdegang eines/ „Freiwilligen Müllers-in“ zu verfolgen.